POLITISCHER STILLSTAND IST GUT

POLITISCHER STILLSTAND IST GUT

Kaum sind die Sondierungsgespräche zu einer „Jamaika“-Koalition gescheitert, vernimmt man von den politischen Kommentatoren, nun drohe Deutschland „Politischer Stillstand“. Doch ist dies wirklich eine Bedrohung? Wir glauben, nein. Sowohl die Wirtschaft als auch die Börse kommen mit dem politischen Stillstand gut zu recht. Besser vielleicht sogar als mit manch einem schlechten Regierungskompromiss.

Politik will gestalten. Deswegen zieht die Politik zumeist auch einen bestimmten Typus Mensch an. Dieser Typus will möglichst in alle gesellschaftlichen Bereiche eingreifen, steuern, gestalten, fördern, stoppen, regulieren, umbauen, erneuern, vorantreiben, etc. pp. Dazu haben die meisten Politiker sogenannte „Gesellschaftsentwürfe“ vor Augen, nach denen sie beabsichtigen, die Gesellschaft zu verändern. 

Das alles bringt stets Probleme mit sich, selbst wenn die handelnden Politiker die besten Absichten haben: Zum einen verfügen die Politiker gar nicht über das vollständige Wissen, das notwendig wäre, um ihre selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Hayek spricht in diesem Zusammenhang von der „Anmaßung von Wissen“, das in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. 

Zum anderen ist eine Gesellschaft so komplex, dass von der Politik ergriffene Maßnahmen oft Folgewirkungen aufzeigen, die weder beabsichtigt waren noch vorhergesagt werden konnten. All das „Social Engineering“ und „Nudging“ sind daher in den meisten Fällen zum Scheitern verurteilt.

Auch die Wirtschaft braucht verbindliche Regeln, keine Frage. Aber die haben wir. Politiker, die sich berufen fühlen, permanent in die Spielregeln der Marktwirtschaft einzugreifen, schaden mehr als dass sie nützen (bestes Beispiel hier die wenig durchdachte „Energiewende“). Insofern kann die Wirtschaft Deutschlands auch bestens mit „politischem Stillstand“ leben, besser als in einer Welt der fortgesetzten dirigistischen Eingriffe.

Und was die Börse anbelangt, so gibt es gut fundierte US-amerikanische Untersuchungen, die belegen, dass bei einem Patt zwischen US-Präsident und Kongress - wenn also politisch nur wenig umgesetzt werden konnte - die Aktienkurse an den US-Börsen meist viel besser gelaufen sind.

Die Börse und die Wirtschaft mögen Unsicherheit nicht. Das fortlaufende Ändern der Spielregeln, das Politiker als „Gestalten“ begreifen, bringt genau diese Unsicherheit mit sich. „Politischer Stillstand“ ist im Grunde genommen eine Wohltat. Auch für die Börse. Genießen sie diese Zeit. Belgien hatte mal 541 Tage lang keine Regierung und das hat dem Land in keiner Weise geschadet.