WIRECARD - LICHT & SCHATTEN

Wirercard – Licht und Schatten

Der heute von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorgelegte Sonderprüfungsbericht ist sicherlich nicht der erhoffte Befreiungsschlag für die Wirecard AG. Eine Reihe von Prüfungsfragen bleibt offen und konnte von KPMG nicht abschließend beantwortet werden. Wie geht es jetzt weiter mit der Wirecard-Aktie?

Immer wieder für einen Skandal gut: Die Wirecard AG

Immer wieder für einen Skandal gut: Die Wirecard AG

Bei Lektüre des Sonderprüfungsberichts zeigt sich, dass es KPMG nicht möglich gewesen ist, die zahlreichen von der Financial Times erhobenen Vorwürfe gänzlich zu entkräften. Insbesondere die Verifikation von Art und Umfang des sog. Third Party Acquiring Geschäftes konnte nicht vollumfänglich geklärt werden. Die Bereitschaft dritter Firmen, der sog. TPA-Partner, zur Vorlage entsprechender Datensätze war nicht gegeben. Dies wäre aber zur Verifikation der Daten erforderlich gewesen. Somit bleibt offen, in welchem Umfang das TPA-Geschäft in bestimmten Regionen in den Jahren 2016 bis 2018 stattgefunden hat.

KPMG wirft Wirecard organisatorische Schwächen vor. Wirecard selbst hat inzwischen wohl reagiert und ist auf dem Wege, diese Schwächen zu beheben. Und hier liegt letztlich auch die Crux des Ganzen: Der Vorwurf der Bilanzmanipulation konnte alles in allem nicht erhärtet werden, aber eine totale Entlastung ist der Sonderprüfungsbericht für Wirecard dann auch wieder nicht.

Was bedeutet das alles für die Aktie? Dass in der Vergangenheit nicht immer zuverlässig gearbeitet wurde, gerade beim Neueintritt in neue Regionen und Märkte, ist wohl anzunehmen. Wie seriös einzelne Geschäftspartner von Wirecard hier gewesen sind, bleibt offen. Dass Wirecard als DAX Unternehmen begriffen hat, dass es im Bereich der Organisation und Compliance viel Arbeit umzusetzen gilt, ist ebenso evident.

Sinnbild für den Kursverlauf der Wirecard Aktie in den letzten Jahren.

Sinnbild für den Kursverlauf der Wirecard Aktie in den letzten Jahren.

Meine persönliche Einschätzung: Unregelmäßigkeiten in der Vergangenheit belasten kurzfristig den Aktienkurs in negativer Form. Aber der weitere Verlauf eines Aktienkurses hängt nicht von der Vergangenheit ab, sondern von der Einschätzung der Zukunft eines Unternehmens. Ich gehe davon aus, dass Wirecard aus den Fehlern der Vergangenheit lernt. Der Aufbau einer besseren Unternehmensorganisation und Compliance sind kein Hexenwerk. Entsprechendes Know How ist auf dem Markt zu bekommen. 

Sollte es Wirecard gelingen, hier zügig zu einer besseren und zuverlässigeren Unternehmensstruktur zu gelangen, dann wird sich das Augenmerk der Anleger nach und nach wieder auf die Geschäftsentwicklung des Unternehmens richten. Falls nicht wird das Unternehmen weiterhin ein potentielles Opfer von Shortattacken bleiben.

Ein Fazit, das ausdrücklich keine Kaufempfehlung darstellt: Allzu viele Zukunftswerte hat die deutsche Börse nicht zu bieten. Ein Unternehmen wie Wirecard bewegt sich in einem hochinteressanten Feld der Digitalisierung, geprägt von Innovationen und hohen Wachstumsraten. Wenn es gelingt, das Unternehmen deutlich professioneller aufzustellen, was ich persönlich nicht anzweifele, sollte sich für den langfristig orientierten Anleger ein erhebliches Gewinnpotential ergeben. Dass dies nur unter erheblichen Schwankungen erzielbar sein wird, ahnt jeder. Aber wenn Investieren einfach wäre, wenn alles immer glatt daher liefe, dann wäre jeder reich. So einfach ist es an der Börse dann auch wieder nicht.

Wichtig: Sämtliche Ausführungen sollen helfen, sich eine eigene Meinung über die jeweilige Aktie machen zu können. Sie sind ausdrücklich weder eine Kauf- noch eine Halte- noch eine Verkaufsempfehlung.

Fotos: ValueSurfing